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22.03.2013 :: Gesundheitstag an der Universität Jena

03 Jena0 Karate als Möglichkeit der Gesundheitsförderung. Am 16. März fand in Jena der Gesundheits- und Bewegungstag für Kinder und Jugendliche mit Hämophilie statt.




In Deutschland leben rund 6.000 Menschen mit Hämophilie - umgangssprachlich auch "Bluterkrankheit" genannt. Dabei handelt es sich um eine Gerinnungsstörung des Blutes, von der nahezu ausschließlich männliche Kinder und Erwachsene betroffen sind. Den Patienten fällt es wegen möglicher Blutungen in den Gelenken oft schwer, körperlichen Aktivitäten nachzugehen. "Trotzdem kann Sport auch unter schwierigen Rahmenbedingungen für sie gesundheitsfördernd sein", erklärte der Sportwissenschaftler, Dr. Marco Herbsleb, vom Lehrstuhl für Sportmedizin und Gesundheitsförderung der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Sportwissenschaftler und seine Kollegen luden deshalb Betroffene und Angehörige am Samstag (16. März) zum "3. Gesundheits- und Bewegungstag für Kinder und Jugendliche mit Hämophilie" ein. Die Besucher erwartete ein sportliches und informatives Programm mit Kurzvorträgen, sportlichen Übungen sowie Zeit für individuelle Gespräche mit Ärzten und Therapeuten. Der Inhaber des Lehrstuhls für Sportmedizin und Gesundheitsförderung Jena, Prof. Dr. med. Holger Gabriel, formulierte treffend in seinen Einladungsworten ein wichtiges Ziel für diesen Tag: "...es soll gemeinsam, also Eltern mit Kindern, Eltern mit Eltern, Kinder mit Kindern, Freude an neuen Bewegungen..." ermöglicht werden. Nicht die höchste Leistungsfähigkeit macht dabei Gesundheit aus sondern eine zweckmäßige Ressourcenbildung, die durch fachliche Anleitung und angemessene Nutzung der Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer - verbunden mit Freude und motivierenden Körpererfahrungen entstehen kann - informierte Prof. Gabriel.

Bereits vor sechs Jahren konnte der Rochlitzer Karatetrainer, Ralf Ziezio, erste Erfahrungen mit hämophilen Kindern sammeln. Er hatte damals die Aufgabe explizit für hämophile Kinder ein angepasstes Karatetrainingsprogramm zu planen und in der Schweiz durchzuführen. Das Besondere dabei war damals schon, dass Kontakt-Sportarten - wie Karate - als sehr risikoreiche sportliche Aktivitäten für hämophile Personen galten. Deshalb musste ein zweckmäßiger Zugang zur Ausübung der Karatekunst gewählt werden. Dieses Jahr folgte eine Neuauflage des sportlichen Ereignisses in Jena. Den Karate-Teil übernahm am vergangenen Samstag das Trainerteam formiert aus Dr. Robert Ziezio, Ralf Ziezio und dem Sportler Julius Lehmann.

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Im einleitenden Kurzvortrag durch Dr. Herbsleb wurde über die Notwendigkeit von körperlicher Aktivität für hämophile und gerinnungsgesunde Personen informiert. Er konnte beeindruckend aufzeigen welche Minimal- und Optimalanforderungen an die körperliche Aktivität, zum Fördern einer nachhaltigen Gesundheit, zu stellen sind. Die Motivation steht dabei an erster und die richtig dosierten Belastungsfaktoren an zweiter Stelle. Die Belastungsfaktoren wie bspw. der genaue Umfang, die optimale Häufigkeit und zweckmäßige Intensität sollten individuell angepasst werden und gestützt durch diagnostische Verfahren erfolgen, argumentierte Dr. Herbsleb. Die theoretische Vorstellung der Sportart, Karate, übernahm Dr. Robert Ziezio. Unter Berücksichtigung sportwissenschaftlicher und krankheitsspezifischer Aspekte konnte er auf mögliche Gefahren, welche es hieß auszuschließen, hinweisen. Besonderer Wert wurde auf generelle Verhaltensregeln und breit angelegte aber nichtschädigende Erfahrungen beim Karate gelegt. Wichtigstes Ziel im Karate ist die Vervollkommnung der Persönlichkeit. So wie die Bewegungen und Techniken im Training automatisiert werden, so sollten sich auch gesundheitsförderliche Strategien und respektvolles Miteinander im Unterbewusstsein verankern. Karatetrainer, Ralf Ziezio, legte deshalb von Anfang an viel Wert auf die Einhaltung dieser Regeln. Die Karate-Trainingsstunden verknüpften koordinative und konditionelle Fähigkeiten durch das Ausüben verschiedener Karatetechniken. Aber auch der Spass bei dem Kennenlernen der fernöstlichen Sportart und die zugrunde liegende Disziplin kam bei den Teilnehmern gut an. Am Ende der Veranstaltung demonstrierte der Rochlitzer, Julius Lehmann, noch sein Können. Die Demonstration seiner Kata (Techniken gegen imaginäre Gegner) zeigte eindrucksvoll die Körperbeherrschung und zugleich die kontaktlose Möglichkeit des Karatesports. Neben dem Karate wurden zusätzlich "kleine Spiele" und "Yoga" als gesundheitsfördernde Angebote vermittelt. Abgerundet wurde dieses Sport- und Bewegungsprogramm für die kleinen Patienten durch Möglichkeiten des "Kinesiotapings" - zur Entlastung und Stabilisierung von betroffenen Weichteil- und Gelenk-Strukturen.

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"Mit dem Bewegungstag sollte betroffenen Kindern die Möglichkeit zur körperlichen Aktivität geboten werden, erläutert Organisator Dr. Herbsleb. Bei spontanen und angeleiteten Bewegungen können sie verschiedenste Körper- und Bewegungserfahrungen sammeln. Das Team des Bewegungs- und Gesundheitstages wollte den Kindern so Freude an der Bewegung vermitteln und sie im Rahmen der eigenen Möglichkeiten für eine verantwortungsbewusste und sportlich-aktive Lebensweise begeistern. Der Gesundheits- und Bewegungstag wurde darüber hinaus genutzt, um über die Möglichkeiten und Grenzen körperlicher Aktivität bei Hämophilie zu informieren. Die Sportwissenschaftler der Universität Jena und Ärzte der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Jenaer Universitätsklinikums haben in den vergangenen zwei Jahren eine interdisziplinäre Sprechstunde für Kinder und Jugendliche mit Hämophilie etabliert. Neben der bestmöglichen Diagnostik steht dabei die bewegungstherapeutische Beratung und Betreuung der Betroffenen im Fokus", sagte Dr. Herbsleb.

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Für das gesamte Team war es eine tolle Erfahrung erleben zu dürfen, wie diese Kinder mit voller Offenheit, Vertrauen, Disziplin, Freude und Fürsorge miteinander agierten und handelten. Dr. Robert Ziezio meinte dazu: "Es ist einfach zu bewundern, was Kinder auf der Basis von körperlicher Aktivität im Stande sind zu entfalten sowie gleichzeitig Selbstwertgefühl und Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln."  Auch Karate in einer abgewandelten kontaktlosen und kollisionsvermeidenden Form kann es ermöglichen, dass Kinder und Jugendliche mit Hämophilie erfahren und erlernen, was es heißt selbst Regie und Verantwortung für ein körperlich aktives Leben übernehmen zu dürfen.

 

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